Ja, ich habe den Titel meines Blogbeitrags zum Weltfrauentag ein wenig provokant formuliert. Aber das spiegelt tatsächlich meine innere Aufgewühltheit zu dem Thema, das ich gleich ansprechen möchte, wieder.
Wir Frauen fordern (zu Recht) Gleichberechtigung und wollen uns von der Männerwelt emanzipieren. Wir wollen, dass die Welt anerkennt, dass wir genauso talentiert, stark und selbstbestimmt wie die Männer sind und all ihre Privilegien verdienen. Das lese ich zum Weltfrauentag wieder überall.
Doch bevor das möglich ist, müssen wir aufhören uns selbst klein zu machen und unser Leben, unser Aussehen und unser Verhalten so anzupassen, wie wir denken, wie uns die Männer gerne sehen möchten. Das klingt jetzt ein wenig abstrakt, ich möchte das mal an ein paar Beispielen klar machen, die ich in letzter Zeit genauso erlebt habe.
Bedingt durch meine aktuelle Schwangerschaft bin ich viel in Schwangeren-Facebook-Gruppen, auf Blogs und auch Podcasts zum Thema Schwangerschaft unterwegs. Und was ich dort immer wieder lese und höre, macht mich traurig. Nein, es geht hier nicht um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die drängende Frage, warum das Kinderaufziehen immer noch Frauensache ist.
Der Körper und seine Auswüchse
Es geht um etwas viel Banaleres: Um unseren Körper und unsere Sicht darauf. Denn viele Frauen sind immer noch darauf gepolt, in jeder Lebenslage möglichst attraktiv für den Mann und andere zu sein. Schließlich darf er keinesfalls mit irgendwelchen Körperflüssigkeiten, unangenehmen Gerüchen oder am allerschlimmsten: Haare am Körper (!) wo sie scheinbar nicht hin gehören, in Kontakt kommen. Und um Himmels willen, er darf auf gar keinen Fall dort unten hin schauen, wenn sich da gerade sein Kind auf den Weg in diese Welt macht.
Ich weiß, das klingt auf den ersten Blick alles sehr harmlos. Schließlich ist das die Entscheidung der Frau und da ist ja auch noch die Sache mit dem späteren Sexleben und so. Und wenn sie das so möchte… Naja. Nicht ganz. Lasst mich das anhand des scheinbar banalsten Themas erklären:
Körperbehaarung. Denn mit fortschreitender Schwangerschaft fällt es Frau immer schwerer, ihre Beine und ihren Intimbereich zu rasieren. An die Beine kommt sie wegen des dicken Bauches gar nicht mehr richtig ran und den Intimbereich hat sie dank der riesigen Kugel schon seit längerem nicht mehr zu Gesicht bekommen. Dazu kommt, dass jedes Bücken und Krümmen des Körpers furchtbar anstrengend und teilweise auch schmerzhaft ist.
Schönheit um jeden Preis
Doch anstatt den Status quo einfach zu akzeptieren und für ein paar Wochen das Rasieren auszusetzen, nimmt Frau auch noch kurz vor der Geburt, all diese Strapazen auf sich, um gestriegelt und gebügelt im Krankenhaus aufschlagen zu können. “Was sollen denn die Hebamme oder der Arzt denken, wenn sie meine behaarten Beine sehen?” – fragt sich tatsächlich eine der Schwangeren. Eine andere ist der Meinung vor der Geburt sowieso kein Sex mehr zu wollen, dann könne sie die Intimbehaarung auch sprießen lassen. Eine gibt den Tipp, sich einfach blind zu rasieren, das funktioniere auch, schließlich kenne man seinen Körper ja.
Ernsthaft Frauen? Das sind eure drängensten Probleme kurz vor der Geburt? Ihr schleppt mindestens 10 weitere Kilos mit euch herum, eure Organe haben kaum noch Platz, ihr leidet an Schlaflosigkeit, Atemnot und Rückenschmerzen und macht euch Gedanken darüber, wie ihr für euren Mann und andere attraktiv bleiben könnt? Da fühle ich mich doch gleich wieder in die 50er zurück versetzt, als Frau perfekt gestylt am Herd stand, um ihrem Göttergatten jeden Abend ein feines Essen zuzubereiten.
Übrigens: Die Hebamme würde euch zumindest in der Zeit der Schwangerschaft dazu raten, die Intimbehaarung stehen zu lassen – sie hält nämlich auch schädliche Keime von unserem Fötus fern.
Macht euch schön, wenn IHR es wollt!
Bitte liebe Frauen, versteht mich nicht falsch. Ich verlange ja gar nicht, dass ihr euch für euren Mann nicht mehr hübsch machen sollt oder euch nicht attraktiv fühlen dürft. Nur nicht um jeden Preis! Macht es dann, wenn IHR es gerne möchtet. Wenn ihr mal wieder etwas Zeit und Lust habt, euch schön zu machen. Ich bin mir sicher, euer Partner möchte nicht, dass ihr euch für ihn quälen müsst. Und falls doch, ist etwas bei seiner Erziehung gehörig schief gelaufen.
Denn hier kommen wir zu meinem nächsten Anliegen: Wie wollt ihr euren Töchtern und Söhnen Selbstliebe und Selbstakzeptanz beibringen, wenn ihr schon euren eigenen Körper nicht liebt? Und eurem Partner nicht zutraut, dasselbe zu tun, auch wenn ihr gerade nicht in Bestform seid? Ihr würdet eurer Tochter doch sagen, wenn er dich nicht so liebt, wie du bist, dann hat er dich nicht verdient. Also lebt verdammt noch mal selbst danach. Schließlich seid ihr die wichtigsten Vorbilder eurer Kinder!
Würdet ihr eurer Tochter sagen: “Kind, schmink dich, sonst kriegst du keinen ab!”? Nein, sicher nicht. Also hört auf, euch dem Schminkdiktat zu unterwerfen, um immer und in jeder Lebenslage “schön” zu sein. Wie oft sind Frauen schon zu spät gekommen oder haben ihre Bahn verpasst, weil sie sich ungeschminkt nicht aus dem Haus trauen? Ist es das wirklich wert?
Menstruationsblut, Muttermilch und Co.
Und ich betone es noch einmal: Ich habe nichts gegen das Schminken, ich schminke mich auch ab und zu. Aber eben nur, wenn mir selbst danach ist. Ich habe es mir schon lange abgewöhnt, mich jeden Tag zu schminken. Dafür ist mir meine Zeit einfach zu wertvoll. Und wisst ihr was? Es hat sich noch keiner darüber beschwert.
Puh, jetzt bin ich ganz schön ausgeschweift. So lange sollte mein Text eigentlich gar nicht werden. Vor allem wollte ich noch über Körperflüssigkeiten, wie Menstruationsblut, Muttermilch und Co. sprechen und mich darüber wundern, dass Frauen diese natürlichen Körpervorgänge tatsächlich oft noch als “eklig” empfinden. (eklig? ernsthaft Frauen?) Aber ich denke, ich kann schon froh sein, wenn du bis hier hin gelesen hast.
Was ich mit diesem Text eigentlich sagen möchte:
Liebe Frauen! Bitte fangt damit an, euch und euren Körper zu lieben, so wie er ist. Und scheißt verdammt noch mal darauf, was andere von euch denken. Euer Körper gehört euch! Ihr verbringt viel zu viel Zeit damit, euch für andere hübsch zu machen und an euch selbst zu zweifeln. Nutzt die Zeit lieber, um die Welt ein Stückchen besser und gerechter zu machen!
Dann sind Gleichberechtigung und Emanzipation vielleicht tatsächlich irgendwann einmal selbstverständlich in der Welt. Das sind die Gedanken, die mich zum Weltfrauentag beschäftigen. Und was beschäftigt dich?
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